Deutscher Jiu Jitsu Bund

"Vor der Prüfung ist nach der Prüfung", sagt man. Die Prüfung ist für Prüfende und zu Prüfende jeweils ein Höhepunkt innerhalb der "vier Jahreszeiten" des Jiu Jitsu. Somit war es sinnvoll, sich einmal über die Prüfung an sich und den Prüfungsablauf Gedanken zu machen.
Gegenstände dieses Themenlehrgangs "Optimaler Prüfungsablauf – wie und in welcher Reihenfolge gestalte ich meine Prüfung?", der am 14. Juni 2015 beim TV Hohenlimburg stattfand, waren somit unter anderem die Frage der Gestaltung des optimalen Prüfungsablaufs, die Selbstorganisation bei einer Jiu Jitsu Prüfung oder auch: die "Do`s" und "Don`ts" vor und während der Prüfung. – Einige Lehrgangsteilnehmer werden sich vielleicht gewundert oder gefragt haben: "Prüfungsablauf?
Was gibt es denn da zu organisieren?! Prüfung ist (für mich) Prüfung – Punkt!" Dass dem eben nicht so ist, kann man als Prüfer oft genug feststellen. Ganz unabhängig vom technischen Können eines jeden Einzelnen, gibt es eine große Varianz in der erkennbaren Struktur einer Prüfung, die nicht zuletzt auch Ausdruck der inneren Strukturiertheit des Prüflings darstellt. Gemeint ist damit: Gibt es Punkte, die man in der Vorbereitung schon beachten sollte, um anschließend in der Prüfung schon viele Hindernisse aus dem Weg geräumt zu haben?
Wie gliedere ich den Ablauf der Prüfung an sich, um ein möglichst stimmiges Bild von mir und meiner Leistung an das Prüfungskomitee weiterzugeben? Was kann ich im Vorfeld erledigen, damit ich mich während der Prüfung voll und ganz auf meine Leistung konzentrieren kann? – Man kann es umschreiben wie man möchte: Unter dem Strich muss sich jeder auf einer Prüfung auch gut präsentieren bzw. "verkaufen". Techniken, die man demonstrieren möchte, müssen beim Prüfungskomitee auch entsprechend (positiv) ankommen.
Die Außenwirkung ist hier das Schlüsselwort. Spätestens an dieser Stelle fällt auf: Alleiniges Üben und Trainieren von Verteidigungstechniken reicht, besonders bei fortgeschrittenen Prüfungen nicht aus – und genau dies sollte auf diesem Themenlehrgang herausgestellt werden. Die Prüfung im Jiu Jitsu ist mehr als ein Sammelsurium an Techniken, die wie Perlen hintereinander aufgefädelt werden müssen.
Gut ist es aber, wenn man seine gut geübten und "sitzenden" Techniken wie "Perlen" auf einen (hoffentlich) "roten Faden", der während der gesamten Prüfung nie verloren geht, aufzieht.

Mit einem Augenzwinkern wurde sich dem Thema in der Praxis angenährt: In einem simulierten Prüfungsabschnitt sollten die Teilnehmer so viele verschiedene Fehler und Verstöße in Sachen Technik, Etikette und Disziplin einbauen, wie ihnen einfiel. Das eine oder andere verschmitze Lächeln konnte man vielen Teilnehmern ansehen. Absichtlich Fehler machen?
Im traditionellen Jiu Jitsu eigentlich kaum denkbar. Jetzt allerdings herrschte einmal für wenige Minuten "Anarchie". Selbstverständlich diente das ganze der im Anschluss stattfindenden Reflektion in Form des Mondo. Hier wurden die bewusst dargestellten Techniken in didaktischer Hinsicht problemorientiert besprochen, die Fehler entlarvt und die jeweils korrekte Technik in ihrer Ausführung präsentiert.
Ebenso folgte auf die weiteren Praxisabschnitte zum Thema Organisation und Außenwirkung jeweils ein Austausch im Gespräch, der, wie von einigen Lehrgangsteilnehmern bemerkt, oft zu kurz kommt, da dem körperlichen Training meistens mehr Bedeutung beigemessen wird. Sich Dinge bewusst zu machen, und zwar in Theorie und Praxis, so war am Ende des Lehrgangs die verbreitete Meinung, ist ein wichtiger Kernpunkt in der Vorbereitung und Durchführung der eigenen Gürtelprüfung.
Dazu gehören in inhaltlicher Hinsicht die korrekte Ausführung der Techniken, innere und äußere Haltung und Glaubwürdigkeit, denn der Ritus – so ein chinesisches Sprichwort – setzt die Ehrlichkeit des Gefühls voraus. Das betrifft unser gesamtes Handeln. Aber auch das Nachdenken über das Handeln. Ob im Gespräch mit dem Sensei, mit Uke, mit anderen Weggefährten oder beispielsweise in der Videoanalyse – es gibt viele Möglichkeiten der Reflektion. Man muss es nur tun!

Text: Denis Heinrich
Bilder: Christian Ahuis