Deutscher Jiu Jitsu Bund

Diese Weisheit ist in unterschiedlichen Erscheinungsformen wohl in allen Kulturen bekannt. Und für das Jiu Jitsu dürfte sie noch bedeutsamer sein, weil Jiu Jitsu zu den Budo-Disziplinen zählt, welche über eine ausgeklügelte und ausgefeilte Fallschule (jap. Ukemi) verfügen, die buchstäblich von der Pike auf gelernt sein will.
So verwundert es nicht, dass das Üben der Fallschule, welche den Schutz leicht verletzlicher Körperteile und die sich anschließenden Bewegungen im Sinne des Jiu Jitsu ermöglichen soll, von Anfang an fester Bestandteil jeder Übungseinheit und jeder Trainingsstunde im Jiu Jitsu ist: Rolle vorwärts, rückwärts, seitwärts... mit Anlauf, über Hindernisse... mit oder ohne Waffen... Abschlagen in alle Richtungen und natürlich das (bei Judo-Würfen) korrekte Fallen aus allen Lagen. Diese Reihe lässt sich beliebig verlängern.
Wer fallen kann, spürt die Kontrolle über die Bewegung des eigenen Körpers im dreidimensionalen Raum unter dem Einfluss der Schwerkraft. Und die Angst vor dem Fall schwindet. Entscheidend ist, dass die Physik der Fallschule verstanden wird, denn die Physik lässt sich nicht austricksen. Aber ich kann sie mir zum Freund machen, lernen mich anzupassen und meine Bewegungen im Fallen rund und geschmeidig zu gestalten, damit die Energie des Falls nicht gegen meinen Körper gerichtet wird, sondern vielmehr in die Technik eingebunden wird und mir somit einen Vorteil verschafft.
Das Erlernen der Fallschule ist am Anfang sicherlich ein mutiges Unterfangen – hinterher Routine. Doch auch die Routiniertesten müssen sich immer wieder aufs Neue mit dem Thema befassen, die Fallschule üben, bis sie vollends ins Blut übergegangen ist. – Durch die Zeit der Hallenschließungen im Rahmen der Lockdowns ist auch das Üben der Fallschule reduziert worden. Fähigkeiten haben sich zurückentwickelt, warten aber darauf, sich wieder in die richtige Richtung einer ausgefeilten Fallschule weiterzuentwickeln!
Um hier wieder anzuschließen, haben die Vereine im Deutschen Jiu Jitsu Bund schon mit der Wiederaufnahme des Trainings vor den Sommerferien großen Wert auf Fallschule und Grundtechniken gelegt, um hier möglichst schnell wieder an den Stand von vor "Corona" anschließen zu können, und zwar für alle Jiu Jitsuka.
 

Diese Aufgabe hatte sich auch der Bujindo Mülheim e.V. auf die Fahnen geschrieben, der an dieser Stelle exemplarisch für die Trainingsarbeit des DJJB hinsichtlich der Fallschule dargestellt sei. Am 20. August 2021 begann hier im Dojo wieder das Training nach den Sommerferien unter den Bedingungen der aktuellen Coronaschutzverordnung. Die reale Matte ist eben durch nichts zu ersetzen. Mit Blick auf die Vermeidung von Verletzungen wurde "weich" = mit Weichbodenmatten gestartet und das Aufwärmtraining entsprechend angepasst. Dann folgte der mittlere "Härtegrad" von Matten und schließlich landete man bei und auf bekannten Tatami.
Alle Fallübungen wurden, wenngleich in intensiver Form, auch in die folgenden Trainingseinheiten integriert – wie man es aus Zeiten vor "Corona" kannte. Training ist etwas, das Gemeinschaft fordert, fördert und schlichtweg diese an sich ist. Für den Trainingsbetrieb ist es wichtig, dass alle im Dojo hinsichtlich der Fallschule schnell wieder einen Leistungsstand erreichen, der ein abwechslungsreiches, sicheres und auch verletzungsarmes Training möglich macht. Denn irgendwie ist Jiu Jitsu immer mit der Fallschule verbunden. Ob für Fortgeschrittene oder Anfänger. Für Anfänger, die sich angesichts einer akrobatisch anmutenden Fallschule denken: "Hier breche ich mir doch die Knochen..." sei gesagt, dass jeder mal klein angefangen hat. Nur Mut! Mit Grundübungen, die immer am Grund (Boden) beginnen, geht es los. Und Schritt für Schritt strebt man mit seinen Bewegungen in die Höhe und Weite. Mal trifft man auf "hart", mal auf "weich" – im Sinne von Yin und Yang. Bewegung eben... In alle Richtungen. Auch gekonnt nach unten. Kontrolliertes Fallen und Abschlagen...
Letztendlich bewahrheitet sich der eingangs genannte Spruch, denn Meisterschaft wächst vom guten Fundament aus nach oben in den Himmel, was sich bei Fortgeschrittenen auch an gekonnten Sprüngen über größere Hindernisse zeigt.

Text und Bilder: Volker Schwarz & Andreas Dolny