Deutscher Jiu Jitsu Bund

Nachdem im letzten Jahr das KID-Seminar der Korporation Internationaler Danträger (KID) aufgrund der Covid-19-Pandemie nur in Onlineform stattfand, war es in diesem Jahr endlich wieder möglich, sich unter Einhaltung des Hygieneschutzes persönlich von Angesicht zu Angesicht zu treffen.
Wie es gute Tradition ist, fand das Seminar wieder im Sportzentrum Radevormwald statt, diesmal aber vom 1. bis zum 3. April 2022. Auch wenn sich manche Traditionen teilweise ändern, denn für gewöhnlich fand das Seminar immer im Januar statt, blieb der Schnee dem Seminar treu und verzauberte die Landschaft vorübergehend in ein Wintermärchen.
Aus allen Teilen der Bundesrepublik waren die Mitglieder der KID angereist. Noch bevor man sich am Freitagabend zu den Ehrungen langjähriger KID-Mitglieder im Tagesraum und danach zum Abendessen traf, hatte man es sich im Sportzentrum gemütlich gemacht und das eine oder andere Gespräch führen können.
Unter den diesjährigen Ehrungen für die langjährige Mitgliedschaft in der KID bildeten die Ehrungen für die 50-jährige Mitgliedschaft einen besonderen Höhepunkt. Ausgezeichnet wurden der Ehrenpräsident Dieter Lösgen (10. Dan Jiu Jitsu), Dieter Mäß (8. Dan Jiu Jitsu) und Manfred Künzel (3. Dan Jiu Jitsu), und zwar mit dem Ehren-Tanto der KID – einem japanischen Tanto mit Gravur – und einer dazu gehörigen Urkunde für 50 Jahre Mitgliedschaft.
 

Links: Ehrung Dieter Mäß, Rechts: Manfred Künzel und Dieter Mäß

Der Abend des ersten Seminartages mit zahlreichen fachsportlichen und privaten Themen wurde hiernach gemütlich und spät, schließlich hatte man sich noch viel zu erzählen... – Am Samstagmorgen ging es dann nach dem Frühstück zurück in den Tagungsraum, wo zunächst die Themen vom Vorjahr und deren Umsetzung besprochen wurden.
Gemeinsam mit dem Präsidenten von KID/DJJB, Josef Djakovic (9. Dan Jiu Jitsu), präsentierte der Vorsitzende von KID/DJJB, Denis Heinrich (4. Dan Jiu Jitsu), einen kompakten Rückblick auf die wichtigen Themen des vergangenen Jahres und einen Überblick über die diesjährigen Seminarthemen. Es folgten die Berichte der Referenten der jeweiligen Ausschüsse (Lehr- und Prüfungswesen, Gleichstellung und Prävention, Jugend, Mitglieder, Wettkampf, Digitalisierung, Öffentlichkeitsarbeit, Material und technisches Gremium) über ihre Tätigkeit und die hier erzielten Fortschritte und Ergebnisse.
Hiernach referierte Harald Westrich (6. Dan Jiu Jitsu) über die 12. Deutschen Meisterschaften des Deutschen Jiu Jitsu Bundes (DJJB) im Jiu Jitsu, die ursprünglich am Wochenende vom 1./2. Oktober 2022 in Otterbach (RP) stattfinden sollten. Wegen der noch anhaltenden Folgewirkungen der Pandemie wurden diese noch einmal um zwei Jahre verschoben, da Teilnehmerzahl und momentaner Leistungsstand eine erfolgreiche Teilnahme nur in einem zu kleinen Rahmen zulassen. Aus diesem Grunde wurde beschlossen, ein Freundschaftsturnier unter den Vereinen des DJJB zum gleichen Termin auszurichten, damit diejenigen, die schon wieder seit längerem regelmäßig auf der Matte stehen, erstmalig wieder Wettbewerbsluft schnuppern können.
Der sich anschließende praktische Teil des KID-Seminars stand im Zeichen von Schusswaffenabwehren, die auf den Prüfstand gestellt wurden. Das technische Gremium der KID hatte sich hierzu im Vorfeld intensiv Gedanken gemacht, verschiedene Aspekte herausgearbeitet und Strategieelemente entwickelt.
 

Wichtig war es, den Angreifer geistig zu beschäftigen, seine Konzentrationsfähigkeit alleinig auf die Schusswaffe selbst zu richten und damit seine Fähigkeit, die Pistole abzufeuern, zu schwächen oder die Handlung insgesamt zu verzögern, um wertvolle Zehntelsekunden für das essenzielle Ausweichen und die Abwehr zu gewinnen. Dies kann mittels Worten oder mit vorsichtigen Gesten – wie etwa dem Deuten auf die eigene Hosentasche mit dem Portemonnaie oder dem "versehentlichen" Fallenlassen desselben – geschehen.
Ferner war von Bedeutung, die Hände möglichst auf Höhe der Waffe zu halten, da der Angreifer nur selten eine bestimmte Höhe oder konkrete Position der Hände vorgibt, wenn er sagt: "Hände hoch!" Auch sollte die Distanz zum Angreifer und damit zur Waffe so kurz wie möglich sein. Im abgelenkten Zustand muss dann die Abwehrreaktion unmittelbar erfolgen.
Kurz, es hieß: "Schneller sein, als der Finger am Abzug sein kann, denn gegen die Kugel gewinnt man kein Rennen!" – Nach intensivem Training war das Abendessen mit kurzer Pause mehr als verdient, bevor es dann wieder in den Tagungsraum ging, wo Jürgen Rautert (4. Dan Jiu Jitsu) über die aktuellen Entwicklungen in der United Nations of Ju Jitsu (UNJJ) und die diesjährigen 27. Internationalen Meisterschaften der UNJJ in Ostende, Belgien berichtete. Abschließend wurden im Plenum finanzielle Fördermöglichkeiten für Vereine besprochen und aufgezeigt.
Nach diesem Input folgte sportliches Kegeln und der Übergang in den gemütlichen Teil des Abends.

Der Sonntagmorgen begann mit dem Frühstück, danach folgte die Fortsetzung des praktischen Teils vom Vortag mit Schwerpunkt Pistolenabwehren, hiernach der Einstieg in den Bereich Würgeabwehren im Stand und am Boden. In beiden Bereichen zeichnete sich ab, dass mit Blick auf erfolgreiche Didaktik alle Abwehren zunächst schulmäßig geübt werden sollen. Mit der zunehmenden Übung und höheren Kyu-Graden kann und sollen unsere Jiu Jitsuka dann befähigt werden, auch flexibel mit Angriffen umzugehen, wobei die Techniken und Technikbestandteile wie ein modularer "Baukasten" im Hintergrund in Form von Bewegungsmustern bereitliegen müssen.
 

Die zunehmende Flexibilisierung im Bereich der höheren Kyu- und Dan-Grade ist wünschenswert, darf aber den festgelegten Qualitätsrahmen nicht verlassen oder den Prinzipien unseres Jiu Jitsu widersprechen. Diese höhere Qualität ist untrennbar verbunden mit mehr Verantwortung auf Seiten der Übenden einerseits und der Unterrichtenden andererseits.
Das Ziel ist und bleibt ein Jiu Jitsu, das höchsten Maßstäben hinsichtlich von Selbstverteidigung, Kampfkunst und Kampfsport (Meisterschaften etc.) zugleich genügen kann. Das setzt stetige und intensive Auseinandersetzung und Arbeit voraus.
Nach dem abschließenden gemeinsamen Mittagessen, fuhren alle Jiu Jitsuka der KID mit vielen neuen Ideen und der Gewissheit, etwas Bleibendes für die KID und das Jiu Jitsu getan und gelernt zu haben nach Hause, wo dann in den Heimatdojos die neuen Impulse einfließen und die konkreten Verbesserungen umgesetzt werden können. "Gerade in Zeiten globaler Umbrüche ist es wichtig zu wissen, was uns miteinander verbindet." (Roman Herzog)
 

Text: Andreas Dolny & Volker Schwarz
Bilder: DJJB