Deutscher Jiu Jitsu Bund

1964 war die Kampfsportszene in Deutschland noch überschaubar. Neben Judo, Karate und Tae Kwon Do war auch Kung Fu zu dieser Zeit schon ein Begriff. Jiu Jitsu galt zwar schon länger als etabliert, war aber noch nicht so populär. Im Ruhrgebiet konnte das Jiu Jitsu nach dem Zweiten Weltkrieg erst langsam wieder Fuß fassen. Jiu Jitsu und Judo standen hierbei auch mit Blick auf ihre historischen Gemeinsamkeiten eng beieinander. Bevor man sich in Vereinen organisierte, übten kleinere Gruppen in oft improvisierten Räumlichkeiten, welche sehr spartanisch ausgestattet waren.
 

Die Gruppe um Hans Gert Niederstein (10. Dan Jiu Jitsu, *24.05.1928, †12.11.1985; ehemals Präsident KID/DJJB), dem Begründer des Bushido Mülheim e. V., trainierte auch anfangs reines Judo. Doch die Zeit für das Jiu Jitsu sollte bald reif sein. Die aus Japan stammende und seit dem späten 19. Jahrhundert in Deutschland beheimatete Selbstverteidigungskunst Jiu Jitsu sollte aber mitten in der Zeit des Wirtschaftswunders schnell wieder an Bedeutung gewinnen. Diese Zeit war eine Zeit von Erfolg, Aufstieg und Neuentfaltung. Die Faszination für Kampfkünste und der Mythos, der dem Kämpfer schier unglaubliche Fähigkeiten, Kräfte und "Unbesiegbarkeit" verleiht, wurden auch durch Film und Fernsehen vermittelt – vor allem die aus Hongkong stammenden Martial Arts Filme mit dem herausragenden Bruce Lee seien hier genannt –, sodass sich viele Begeisterte, auch aufgrund des knappen Angebotes, in die Sporthallen wagten, die erst später zu dem wurden, was wir heute auch außerhalb von Japan selbstverständlich Dojo nennen. Seit den Olympischen Spielen in Tokyo/Japan im Jahre 1964, bei dem Judo erstmals olympische Disziplin wurde, stieg der Bekanntheitsgrad des Budo bzw. der Martial Arts Künste erheblich an.
 

Dieter Mäß mit Hans-Gert Niederstein

Dieter Mäß mit Robert Tobler

Das Dojo an der Zinkhüttenstraße

Genau in diesem Jahr befand sich Dieter noch in der beruflichen Ausbildung, von Arbeitskollegen erfuhr er von dem Judo Training beim Bushido Mülheim. Er war sofort interessiert und ging zum Probetraining. Mit Hans-Gert Niederstein lernte er dort (s)einen Lehrer kennen, der ihn durch seine Persönlichkeit für den Sport und die Kampfkunst enorm begeisterte, zunächst für Judo und später dann für Jiu Jitsu. Dieter blieb, trainierte über Jahrzehnte mit größter Kontinuität und größtem Erfolg, und zwar bis heute.
Was im Jahre 1964 begann und mit dem Namen Dieter Mäß verbunden ist, verdient einen Überblick, der hier auf die wesentlichen Dan- bzw. Meistergrade konzentriert sein soll: Im Jahre 1971 erwarb Dieter seinen 1. Dan im Jiu Jitsu. Dies war der erste von neun Dan-Graden im Jiu Jitsu, die der begeisterte Kampfsportler während seiner Jiu Jitsu Laufbahn für seine bedeutenden Leistungen erhielt – einige davon sogar mit Auszeichnung. 1975 folgte dann der 1. Dan im Judo. Gemeinsam mit Hans Gert Niederstein (10. Dan Jiu Jitsu) und Dieter Lösgen (10. Dan Jiu Jitsu, amtierender Ehrenpräsident KID/DJJB) zählte Dieter Mäß zu dem festen Team, welches den Bushido Mülheim über Jahrzehnte hinweg erfolgreich unterrichtete und nachhaltig prägte.
 

Dieter Mäß mit Hans-Gert Niederstein

Dieter Mäß, Hans-Gert Niederstein und Dieter Lösgen

Verleihung des 8. Dan Jiu Jitsu an Dieter Mäß

Neben den Dan-Graduierungen erhielt Dieter für sein sportliches Engagement und auch für seine Treue zum Bushido Mülheim mehrere Auszeichnungen, wie z. B. die Erich Rahn Gedenkmedaille, die Ehrenurkunde eines Samurai mit Schwert und die Ehrenplakette in Gold der KID. Ebenso wurde er mit dem Titel Renshi ("Ausgefeilter Mensch" oder "Experte") geehrt, welcher sowohl die praktische als auch die philosophische Komponente seines Könnens unterstreicht. Seinen 8. Dan Jiu Jitsu bekam er im Mai 2013 von Dieter Lösgen in Würdigung seiner besonderen Verdienste verliehen. Zusätzlich wurde ihm die Ehrenwürde eines Kyoshi ("Experte der Technik") zuteil.
Die Krönung seines bisherigen Wirkens als Jiu Jitsuka folgte im Rahmen der 12. Deutschen Meisterschaften des DJJB am 4. Mai 2024 in Otterbach, wo er von Präsidium und Vorstand (KID/DJJB) durch Dieter Lösgen, Josef Djakovic und Denis Heinrich gemäß Wortlaut der Dan-Urkunde In Würdigung der besonderen Verdienste und seiner Persönlichkeit mit dem 9. Dan Jiu Jitsu und dem Titel eines Hanshi ("Beispiel und Vorbild für die Anderen") ausgezeichnet wurde. Ehre wem Ehre gebührt! Dieter war und ist nicht nur mit Engagement und Leidenschaft auf der Matte aktiv. Er ist auch Mitbegründer von Verbänden bzw. Organisationen, durch die die Entwicklung des Jiu Jitsu erfolgreich voranschreiten konnte. Dazu gehören der Deutsche Jiu Jitsu Bund und die Korporation Internationaler Danträger (KID), deren Ehrenmitglied er seit 2012 ist. Ein Leben für das Jiu Jitsu, 60 Jahre auf der Matte – so lässt sich das Leben von Dieter Mäß als Sportler und Budoka treffend beschreiben. Heute ist Dieter 78 Jahre alt, trägt den 9. Dan Jiu Jitsu, den 1. Dan Judo und ist noch immer als Lehrer und 2. Vorsitzender des Bushido Mülheim aktiv. Dieter Mäß ist allen – ob Jung oder Alt – ein Vorbild. Wer Dieter Mäß auf der Matte erlebt, kann sich auch nicht vorstellen, dass sich das jemals ändern wird.
 

Dieter Mäß auf der Matte

Bushido Mülheim e.V.

Verleihung des 9. Dan Jiu Jitsu an Dieter Mäß

Für Dieter war und ist Jiu Jitsu seit jeher mehr als nur ein Sport. Auch die charakterliche Bildung seiner Schüler und die Vermittlung von positiven Werten liegen ihm sehr am Herzen: Eine aufrechte innere Haltung, Respekt voreinander, Toleranz gegenüber Andersdenkenden und Rücksichtnahme auf Schwächere sind nur einige von den Werten, die das Jiu Jitsu mit all seinen Facetten vermittelt. „Für viele Menschen war und ist der Bushido Mülheim e. V. ein Verein, um Kraft zu tanken, um sich fit zu machen für jeden Tag, der uns erwartet. Hier stärken wir unseren Körper, schulen den Blick fürs Wesentliche und fokussieren unsere Gedanken auf Ziele, die wir erreichen wollen.“ (Zitat Dieter Mäß).
Für Dieter besteht das Vereinsleben nicht nur aus dem Sport auf der Matte, auch gemeinsame Feiern und Ausflüge gehören dazu. Die gemeinsamen Aktivitäten außerhalb der Matte geben Zeit und Gelegenheit für persönliche Gespräche und Erfahrungen und stärken so das soziale Miteinander, denn streng genommen gibt es keine Trennung zwischen "innerhalb des Dojos" und "außerhalb des Dojos". Alles ist als eine große Einheit zu sehen, wie es auch die Einheit zwischen Lehrenden und Lernenden charakterisiert.
Der Bushido Mülheim gratuliert dem Großmeister Dieter Mäß von Herzen zu seinem 60jährigen Mattenjubiläum und zu seinen sportlichen Erfolgen. Wir – die Mitglieder des Bushido Mülheim – bedanken uns für seine Treue zum Verein. Wir bedanken uns auch für sein großes Engagement, seine Herzlichkeit und auch seine gesunde Strenge – kurzum: seine Eigenschaften –, die vielen Jiu Jitsu Sportlern durch sein Zutun zu eigenen Erfolgen verholfen haben. Dieter, herzlichen Glückwunsch! Alles Gute für Dich und Sensei-rei!

Text: Peter Korneli und Volker Schwarz
Bilder: freundlicherweise von Dieter Mäß zur Verfügung gestellt.